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Andere Länder, andere Sitten

Porträt von Anna

Autor:
Anna

Rubrik:
orientieren

22.02.2024

In Deutschland haben meine beiden Brüder letzte Woche Faschingsferien gehabt. Auch wenn ich nie extrem Fasching gefeiert habe, habe ich mich trotzdem jedes Jahr darauf gefreut, die Weihnachtsplätzchen gegen Krapfen zu tauschen und Spaß mit Freund*innen zu haben. Als Kind bin ich automatisch davon ausgegangen, dass jede*r auf der Welt die gleichen Feste feiert. Mit den Jahren ist dieses kindliche Unwissen natürlich verflogen, aber ich teile das Jahr immer noch nach den ausschließlich deutschen Traditionen auf, mit denen ich aufgewachsen bin. Vermutlich macht das jede*r so; es ist menschlich, Sachen in Schubladen aufteilen zu wollen.

Dieses Jahr kann ich durch meine Zeit als Au-pair in Irland nicht Fasching feiern, das gibt es hier nämlich nicht. Ich hatte mit meinen Gasteltern darüber geredet, sie kannten Karneval in Brasilien, aber mehr nicht. Ich hatte ihnen ein bisschen von Fasching in Deutschland erzählt. Sie fanden das sehr witzig, aber auch etwas seltsam. Beide meinten (unabhängig voneinander), dass Karneval also im Prinzip wie Halloween sei.

Bevor wir darüber gesprochen haben, hatte ich um ehrlich zu sein nicht gewusst, dass man in Irland keinen Fasching feiert. Ein kleiner Teil von dem Kind in mir, das gedacht hat, jede*r lebt die Welt so wie ich, ist wohl doch noch da. Eigentlich würde es Sinn ergeben, wenn man hier in Irland Fasching feiern würde. Karneval existierte zwar schon zuvor, wurde seit dem Mittelalter jedoch als letztes großes Fest vor dem Beginn der Fastenzeit gefeiert, bei dem noch mal alles getrunken und gegessen werden konnte, bevor man die nächsten vierzig Tage darauf verzichtet. Daher wird in vielen, historisch gesehen, christlichen Ländern Fasching gefeiert.

Die meisten Nachbarländer Deutschlands tun das auch auf irgendeine Art und Weise. Und da Irland ein sehr katholisch geprägtes Land ist, würde es nur Sinn ergeben, wenn sie auch Fasching feiern würden. Ich habe etwas gegoogelt, aber keine wirklichen Erklärungen gefunden. Die noch am meisten zufriedenstellenden waren die, dass früher, als arrangierte Ehen noch gang und gäbe waren, diese in Irland meistens vor der Fastenzeit stattgefunden haben und man daher kein Geld und auch keine Zeit für Fasching hatte. Oder, dass in Zeiten von englischer (und somit anglikanischer) Vorherrschaft versucht wurde, rein katholische Bräuche, die man selbst nicht hatte, auszumerzen. Beides überzeugt mich, um ehrlich zu sein, jedoch nicht zu hundert Prozent.

Das einzige Zugeständnis an Faschingsbräuche ist der Pancake Tuesday: Am Faschingsdienstag gibt es Pfannkuchen zum Frühstück. Meine Gastkinder haben sich schon zwei Wochen im Voraus auf diesen Tag gefreut. Ich mich übrigens auch.